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Innovationspreis Berlin Brandenburg 2020

Volucap: Kino der neuen Generation aus Potsdam

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Das Filmstudio der jetzt mit dem Innovationspreis ausgezeichneten Volucap GmbH im FX Center in Potsdam-Babelsberg, das in Kooperation mit dem Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut entstanden ist, wurde im Juni 2018 eröffnet. Fotos: Friedrich Bungert

Wenn Schauspieler eine Szene im Studio der Volucap GmbH in Potsdam-Babelsberg aufnehmen, dann werden sie dabei aus jedem nur möglichen Blickwinkel gefilmt, mit 32 synchron laufenden Kameras. Das Ergebnis ist so etwas wie ein Echtzeit-3D-Scan, eine hologrammartige Aufzeichnung. Im Juni 2018 ist Volucap als erstes Studio für sogenannte volumetrische Aufnahmen an den Start gegangen, jetzt wurde das Unternehmen dafür mit dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg ausgezeichnet.

Die Potsdamer Volucap GmbH macht die Filmwelt dreidimensional

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Die Technik ermöglicht komplett neue Anwendungen“, erklärt Geschäftsführer Sven Bliedung. Produziert wurde auf diese Weise zum Beispiel bereits ein Musikvideo der Gruppe „Die Fantastischen Vier“. Mit einer Virtual-Reality-Brille kann der Betrachter die Sänger nicht nur dreidimensional sehen, sondern auch in der auf einem Strand angesiedelten Szene scheinbar um sie herumgehen und sie aus jeder beliebigen Perspektive betrachten. Und es handelt sich um realitätsgetreue Abbilder, die sich ganz natürlich bewegen. „Da ist alles mit drin, inklusive Mimik“, sagt Bliedung, der Mitgründer des Vereins Virtual Reality Berlin-Brandenburg ist. Während bei bisherigen computergenerierten Animationen Bewegungsabläufe oft noch künstlich wirkten, ist hier alles komplett authentisch. Für die Schauspieler ist es zunächst eine Herausforderung, ihre Szene alleine im weißen Studio zu spielen. Erst nachträglich werden die Szenen und die verschiedenen Akteure zusammengeschnitten. „Da ist die Vorstellungskraft gefragt“, meint der Volucap-Geschäftsführer. Aber für routinierte Schauspieler sei das in der Regel kein Problem. Eine Herausforderung sind eher die gigantischen Datenmengen, die mit den Filmaufnahmen entstehen. „Da bewegen wir uns an der Grenze des technisch Möglichen“, sagt Bliedung. Dafür sei allerdings die nachträgliche Bearbeitung weniger aufwendig.

Wir waren von Anfang an gut ausgebucht. 

Sven Bliedung, Geschäftsführer Volucap GmbH

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In dem Studio, das im FX-Center auf dem Gelände von Studio Babelsberg untergebracht ist, wurden schon rund 30 Produktionen durchgeführt. „Wir waren von Anfang an gut ausgebucht“, sagt Sven Bliedung. Auch für große Kinoproduktionen könne das Verfahren genutzt werden, betont er. Man sei in dieser Sache auch bereits mit Produktionsfirmen aus den USA im Gespräch. Zwei Jahre nach der Gründung beschäftigt Volucap derzeit zehn feste Mitarbeiter, dazu kommen für Produktionen weitere Beschäftigte von Partnerfirmen. Gesellschafter des Unternehmens sind die Arri Cine Technik, die Fraunhofer-Gesellschaft, Interlake System, Studio Babelsberg und die UFA. In der Potsdamer Filmszene sieht sich das Unternehmen gut integriert. Babelsberg sei ein sehr innovativer Standort, an dem gleichzeitig der Geist der Gründerzeit des Kinos noch lebendig sei, meint Bliedung. Auch die Zusammenarbeit mit der Brandenburger Landesregierung sei sehr gut.

Das Anwendungsfeld für die neue Technik ist aus Sicht der Macher extrem weit. Der mittels VR-Brille sozusagen begehbare Film kann auch beispielsweise genutzt werden, um Interessenten durch eine Immobilie zu führen. Besonders am Herzen liegt Bliedung das Projekt eines mobilen volumetrischen Studios. Damit könnten zum Beispiel Gespräche mit Zeitzeugen der NS-Zeit geführt werden, etwa hochbetagten Überlebenden der Konzentrationslager, die in Zusammenarbeit mit der Filmuniversität in Vorbereitung sind. Es sei wichtig, gerade solche Dokumente in dem neuen Format in die Archive nehmen zu können, weil das der Sehgewohnheit der kommenden Generation entsprechen werde. Von Ulrich Nettelstroth