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Roboter in der Pflege?

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Der Roboter Pepper wirbt für den Einsatz in der Pflege. FOTOS: JULIAN STRATENSCHULTE/DPA; TECHNIKLOTSEN

Gesetzliche Pflegekassen zahlen Zuschüsse für alltägliche Hilfsmittel

Von Gerald Dietz  Einer älter werdenden Gesellschaft steht immer weniger Pflegepersonal gegenüber. Unaufhaltsam wächst die Belastung für die heute dort tätigen Fachkräfte. Die Folge: Nur noch wenige Auszubildende entscheiden sich für einen Beruf in der Gesundheitswirtschaft. Zu Auswegen aus dieser Misere könnte auch die Digitalisierung beitragen. Pflegende würden entlastet und gleichzeitig die Versorgung der Patienten verbessert, meinen Anhänger entsprechender Lösungen.  In der Alten- und Krankenpflege arbeiten derzeit rund 1,6 Millionen Menschen, fast 40 000 Stellen sind aber unbesetzt - und der Bedarf wächst. Ansätze aus der Politik versuchen diese Abwärtsspirale aufzuhalten, etwa durch die Vergütung der schulischen Ausbildung, eine Reform der Pflegeausbildung und durch Regelungen, die vorhandenes Personal entlasten könnten. Ein entsprechendes Programm hat die Bundesregierung erst kürzlich ausgearbeitet. Fachleute loben zwar die Initiativen im Allgemeinen, bemängeln aber, dass das Thema Digitalisierung dabei eine – ihrer Ansicht nach – noch zu geringe Rolle spielt.

Fachleute fordern mehr Digitalisierung in der Pflege

„Positiv ist zunächst, dass sich endlich etwas bewegt und die Problematik vermehrt in die gesellschaftliche Wahrnehmung rückt“, stellt etwa Karsten Glied, Geschäftsführer der Techniklotsen GmbH, fest. An dem IT- und Telefonielösungen in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft entwickelnden Unternehmen ist auch das Evangelische Johanneswerk beteiligt. Auch wenn die angestrebten Reformen einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Situation leisten würden, dürften sie nicht die einzigen Stellschrauben bleiben, so Glied. „An der digitalen Unterstützung führt kein Weg vorbei“, meint der Techniklotsen-Chef.

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Doch welche Rolle kann die Digitalisierung bei der Entlastung von Fachkräften und der besseren Versorgung von Pflegebedürftigen spielen? Und wie können gleichzeitig nötige Kosteneinsparungen erzielt werden? Laut Glied könnte das Personal durch eine digitale Abwicklung etwa bei der händischen Dokumentation Entlastung bekommen. So bleibe mehr Zeit für den direkten menschlichen Kontakt.

Besonders großes Potenzial steckt demnach auch in der elektronischen Patientenakte. Dabei ergibt sich die positive Wirkung einerseits aus Effizienzsteigerungen und andererseits aus einer Reduzierung überflüssiger, weil an anderer Stelle bereits erbrachter Leistungen. So wäre eine digitale Patientenakte im Zusammenhang mit einer funktionalen elektronischen Gesundheitskarte in der Lage, eine stets lückenlose Dokumentation zu gewährleisten, meint Glied. So könnten beispielsweise Doppeluntersuchungen vermieden und der Wechsel zwischen ambulanten und stationären Sektoren reibungsloser gestaltet werden.

Auch die Automatisierung von Arbeitsabläufen, etwa durch die mobile Vernetzung eingesetzten Personals der Pflegedienste, bietet demnach großes Einsparpotenzial. Ambulante Pflegekräfte hätten etwa ortsunabhängig Zugriff auf Patienteninformationen und könnten Befunde bereits unterwegs über Tablets dokumentieren. In stationären Pflegeeinrichtungen könnten nach den Vorstellungen von Digitalisierungsanhängern intelligente Pflegebetten und ein vernetztes Alarmsystem für mehr Sicherheit sorgen. Sensoren registrieren dabei Bewegungen von Betreuten und alarmieren das Personal, wenn Hilfe benötigt wird.

„Smarte Lösungen können an vielen Stellen zum Einsatz kommen“, konstatiert Glied. Die Sozialbranche brauche dringend mehr digitale Prozesse, um sich auf ihr Kerngebiet konzentrieren zu können: den Dienst am Menschen. Obwohl die finanziellen Mittel, das Know-how und die technologischen Voraussetzungen für solche Umstrukturierungen bereits vorhanden sind, agiert die Bundesrepublik demnach auf diesem Gebiet nur zögerlich. Es gelte aber, „der Wahrheit ins Gesicht zu sehen“, so Glied. Die Zeit zu handeln sei jetzt: „Für Politik und Gesellschaft heißt das: mutig sein und sich auf neue Möglichkeiten einlassen.“

Doch der Gedanke einer zunehmenden Digitalisierung in der Pflege stößt auch auf Kritik. Das zeigt eine Studie der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften. So lehnt es jeder Dritte in Deutschland (32 Prozent) laut einer Umfrage von 2017 ab, Roboter in der Pflege einzusetzen. In einer vorangegangenen EU-Studie hatte sogar jeder Zweite gesagt, dass er sich unwohl dabei fühlen würde, bei Krankheit oder im Alter von Robotern betreut zu werden. Damit sind die Bundesbürger immer noch aufgeschlossener als Befragte in anderen Ländern, in denen die Ablehnung ausgeprägter ist.

Erleichterung ohne Rezept

Gesetzliche Pflegekassen zahlen Zuschüsse für alltägliche Hilfsmittel

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Über technische Installationen hinaus sind Zuschüsse für Hilfsmittel bei der Pflege von Angehörigen möglich. FOTO: AKTION MEDITECH

Zumindest für ein wenig unbürokratische, finanzielle Entlastung bei der Pflege von Angehörigen im eigenen Zuhause können bislang wenig bekannte Unterstützungsmöglichkeiten für alltägliche Hilfsmittel sorgen. Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts sind in Deutschland 3,5 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes. Etwa 75 Prozent werden zu Hause gepflegt, 1,8 Millionen davon allein durch Angehörige.

Viele klagen über extreme körperliche, psychische und auch finanzielle Belastungen. Fast 40 Prozent der Betroffenen leiden laut einem Report der Barmer-Krankenkasse an Schlafmangel, 30 Prozent fühlen sich in ihrer Rolle als Pflegende gefangen, und jedem Fünften ist die Pflege zu anstrengend.

Pflege- und Hilfsmittel könnten ihren Alltag erleichtern. Dafür sind spezielle Zuschüsse bis zu 40 Euro im Monat möglich. Darauf weist die Aktion Meditech hin, in der sich Unternehmen der Medizintechnologie mit Unterstützung von Ärzten, Patienten, Ökonomen und weiteren Experten für ein modernes, effizientes Gesundheitssystem engagieren. Hierfür wird kein Rezept benötigt, es genügt ein Antrag bei der Pflegekasse.

Versicherte der gesetzlichen Pflegeversicherung haben Anspruch auf die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen. Technische Hilfsmittel wie etwa Pflegebetten und spezielle Waschsysteme werden dabei in der Regel – unter Beachtung einiger Zuzahlungsregelungen – in voller Höhe erstattet.

Darüber hinaus gibt es aber „zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel“, die die tägliche Pflegetätigkeit erleichtern sollen. Dazu gehören etwa Desinfektionsmittel für Hände und Flächen, Schutzbekleidung, Einmalhandschuhe, Mundschutz, Schutzschürzen, Fingerlinge und Bettschutzeinlagen. Diese Hilfsmittel können in der Apotheke, im Sanitätsgeschäft oder online gekauft werden. Die Kosten übernimmt die Pflegekasse bis zu einem Betrag von 40 Euro monatlich. Einige Hersteller bieten zusammengestellte Hilfsmittel-Boxen an und übernehmen die Anträge bei der Pflegekasse.