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Weit gefächerte Bildungslandschaft

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Plätze in Freien Schulen sind begehrt. FOTOS: UWE ANSPACH/DPA, JULIAN STRATENSCHULTE/DPA

Schulgeld mindert Steuerlast

Von Ulrich Nettelstroth Als Ergänzung zu Schulen in staatlicher Regie gibt es auch solche in freier Trägerschaft. Im Land Brandenburg besuchen aktuell rund 32 000 Kinder und Jugendliche eine der 178 Freien Schulen. Das sind rund elf Prozent der Schülerschaft. Vor zehn Jahren lag der Anteil noch bei etwa acht Prozent.„Schulen in freier Trägerschaft gehören in Brandenburg zur Schullandschaft“, freut sich Volker Symalla, Landesgeschäftsführer Berlin-Brandenburg des Verbands Deutscher Privatschulen (VDP). Ihr Anteil sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen und das Potenzial für weiteres Wachstum gegeben. „Es gibt weiterhin mehr Anmeldungen als freie Plätze“, erklärt Symalla. Das gelte zumindest für die Schulen im Berliner Speckgürtel. In den dünner besiedelten Außenbereichen des Landes Brandenburg sehe die Situation teilweise etwas anders aus.

Im Land Brandenburg gibt es 178 Schulen in freier Trägerschaft

Parallel dazu konstatiert der Verbandsgeschäftsführer einen „Run auf die Lehrkräfte“. Bei Schulen in freier Trägerschaft hätten Seiten- und Quereinsteiger schon immer eine große Rolle gespielt. Das sei nicht nur aus der Not geboren. Berufspraktiker, die bereits in anderen Feldern Erfahrungen sammeln konnten und für den Unterricht eine zusätzliche pädagogische Qualifizierung erhielten, stellten eine Bereicherung für den Unterricht dar, so Symalle. Sie könnten in vielen Fällen ihren Schülern auch den Übergang in den Beruf erleichtern. Inzwischen würden viele Lehrkräfte aus Freien Schulen an staatliche Schulen abgeworben. Die Konkurrenzsituation beeinträchtige zwar nicht den Unterricht, sei aber mittlerweile spürbar.

Freie Schulen ergänzen die Schullandschaft. Oft orientieren sie sich dabei an eigenen pädagogischen Konzepten, vom Waldorf- oder Montessori-Ansatz bis hin zur Naturpädagogik. Andere freie Schulen weisen eine spezielle konfessionelle Prägung auf. Eltern können sich mitunter stärker als im staatlichen Schulsystem in die Ausrichtung der Schule einbringen. In ihren Lehrplänen und -inhalten folgen die Schulen in freier Trägerschaft allerdings den Vorgaben der staatlichen Bildungspolitik und bieten die gleichen Abschlüsse wie staatliche Schulen. In Deutschland ist dies Ländersache, die Aufsicht über staatliche wie Freie Schulen liegt beim Bildungsministerium in Potsdam.
  

Zwei neue Freie Schulen im Land

Zum Schuljahr 2019/2020 sind im Land Brandenburg nach Auskunft des Bildungsministeriums zwei neue Freie Schulen hinzugekommen.

Im Fürstenberger Seenland (Oberhavel) geht die Freie Naturschule als Oberschule mit integrierter Grundschule an den Start. Träger ist der Verein „Draußen spielend lernen“.

In Ahrensfelde (Barnim) ergänzt die Private Fachoberschule Blumberg den dortigen Campus, der bereits ein Gymnasium und eine Oberschule umfasst. Träger der Schulen ist die docemus Privatschulen gGmbH mit Sitz in Leipzig.

Schulgeld mindert Steuerlast

Bis zu 5000 Euro jährlich absetzbar

Schulen in freier Trägerschaft erheben ein Schulgeld von den Eltern. In Brandenburg ist die Höhe des Beitrags nach der Einkommenshöhe gestaffelt. In der Regel liegt der niedrigste Satz bei 25 Euro monatlich. Bei höheren Einkommen können weitaus größere Beträge fällig werden.

Einen Teil dieser Kosten können Eltern bei der Steuererklärung geltend machen. Bis zu 5000 Euro pro Jahr und Kind sind als Sonderausgaben von der Einkommensteuer absetzbar, erklärt der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL). Der Höchstbetrag gilt unabhängig davon, wie viele Monate die Schule besucht wurde.

Grundlage für die Berechnung ist das tatsächlich gezahlte Schulgeld. Davon werden stets 30 Prozent berücksichtigt, so der BVL. Grundvoraussetzung: Für das Kind muss ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibeträge bestehen.

Steuerabzug nur bei anerkanntem Abschluss

Der Abzug gilt für Schulen in freier Trägerschaft, die überwiegend privat finanziert werden und zu einem anerkannten Abschluss führen. Ausgenommen sind also etwa Nachhilfe- und Ferienkurse, die zu keinem staatlich anerkannten Abschluss führen.

Berücksichtigt werden nach Angaben des BVL auch private Berufsschulen, deren Abschlüsse entsprechend anerkannt werden. Eltern müssen ihre Aufwendungen allerdings in der Steuererklärung aufschlüsseln: Kosten für Betreuung, Beherbergung und Verpflegung, wie sie etwa in Internaten anfallen, können sie nicht geltend machen. Gleiches gilt für Gebühren an Hochschulen oder Fachhochschulen.

100 Jahre Waldorfpädagogik

Es war die im September 1919 eröffnete Betriebsschule der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart, mit der vor 100 Jahren die Geschichte der Waldorfpädagogik begann. Rudolf Steiner, Vordenker der Anthroposophie, verfolgte damit eigene reformpädagogische Ansätze.

In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 7041 Kinder neu an Freien Waldorfschulen eingeschult, mehr als jemals zuvor. Insgesamt besuchten im Schuljahr 2018/2019 nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 85 500 Kinder und Jugendliche eine der bundesweit 288 Freien Waldorfschule. Zum Vergleich: 2008/2009 waren es noch rund 79 600. Innerhalb von zehn Jahren ist somit die Zahl der Waldorfschüler und -schülerinnen um 7,4 Prozent angestiegen.

Im Land Brandenburg gibt es derzeit fünf Freie Waldorfschulen, in Potsdam, Werder, Kleinmachnow, Cottbus und Frankfurt/Oder.