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Pflege beschäftigt die Justiz

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Zahl der Fälle je Leistungsbereich 2018 (Top 10)

Diskutiert werden derzeit nicht nur die Leistungen in der Pflege und die Bezahlung der in entsprechenden Einrichtungen Beschäftigten. Auch juristisch ist die Betreuung unterstützungsbedürftiger Menschen ein Thema. So hat die KKH Kaufmännische Krankenkasse festgestellt, dass mehr als die Hälfte der registrierten Betrugsfälle bei zu begleichenden Leistungen ambulante Pflegedienste betrifft.Bereits im vergangenen Jahr war gemeldet worden, dass bundesweit zuletzt 230 ambulante Pflegedienste unter Verdacht standen, betrügerisch abgerechnet zu haben. Nach einer älteren Schätzung des Bundeskriminalamts könnte der Schaden für die Sozialkassen bei rund einer Milliarde Euro pro Jahr liegen.

Krankenkassen registrieren zunehmend Betrugsfälle


Insgesamt hat die KKH 364 neue Betrugsfälle aus dem vergangenen Jahr aufgedeckt, bei denen gefälschte Rezepte, Abrechnungen, frei erfundene Leistungen und andere Betrügereien eine Rolle spielten. Das waren nach eigenen Angaben rund 100 Fälle mehr als im Vorjahr. Auf Platz 1 der Täter-Liste von Abrechnungsbetrug standen dem nach ambulante Pflegedienste mit insgesamt 182 Fällen. Ansonsten erstreckten sich die „neu aufgedeckten Fälle über fast alle Leistungsbereiche des Gesundheitswesens“, so KKH-Chefermittlerin Dina Michels. Nach den ambulanten Pflegediensten an erster Stelle folgten Ärzte mit 63 Fällen, Krankengymnasten und Physiotherapeuten mit 39 sowie Apotheker mit elf Unregelmäßigkeiten.

„In allen Branchen handelt es sich um einige wenige schwarze Schafe“, betont Michels. Doch deren kriminelle Energie kenne „kaum Grenzen.“ Zu groß scheine die Verlockung, vom großen Topf der gesetzlichen Krankenversicherung mit 234 Milliarden Euro Umsatz im vergangenen Jahr illegal etwas abzuzweigen. Michels: „Dass die dringend benötigten Gelder bei der Versorgung kranker Menschen fehlen, nehmen die Verursacher billigend in Kauf.“

Auch die vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für entsprechende Fälle von Unregelmäßigkeiten eingerichtete „Fallerfassungsstelle Fehlverhalten“ hat im unlängst ausgewerteten Berichtzeitraum 2016/2017 eine erhebliche Steigerung der Fallzahlen registriert. Hier werden aber auch Unregelmäßigkeiten erfasst, die von den Kassen und deren Mitarbeitern selbst ausgehen.

Laut Bericht stieg allein die Zahl der bei der Staatsanwaltschaft eingereichten Delikte insgesamt um ein Zehntel gegenüber 2014/2015 auf 3029. Auch die Anzahl der verfolgten Fälle insgesamt wuchs um acht Prozent an auf 40 090. Die Höhe der gesicherten Forderungen stieg um mehr als sieben auf rund 49 Millionen Euro. Wie hoch der Anteil der Fälle von Betrügereien im Zusammenhang mit ambulanten Pflegediensten war, ist hier zwar nicht einzeln aufgeführt, Unstimmigkeiten bei den Abrechnungen nehmen aber große Teile des vorgelegten Berichts ein. gd