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Zwiespältige Entlastungen

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Führt auch zu Konflikten: Steuererklärung. fotos: Berg/dpa; dpa

Wenig Änderung bei kurzer Anfahrt

Eine Erhöhung der sogenannten Werbungskostenpauschale von 1000 auf 1200 Euro ist rückwirkend zum 1. Januar als Reaktion auf die explodierenden Verbraucherpreise beschlossen worden. Der ebenfalls für die Steuererklärung wichtige Grundfreibetrag wurde gleichermaßen heraufgesetzt. Das hört sich gut an und entlastet alle Bürger. Der Unterschied zwischen beiden: „Letzteres ist gerecht, ersteres sozial unausgewogen“, heißt es zumindest in einer Reaktion des Bundesverbandes Lohnsteuerhilfevereine (BVL).Nutznießer der Pauschale für Werbungskosten seien vorwiegend diejenigen Beschäftigten, die entweder gar keinen oder nur geringen tatsächlichen Aufwand für ihre Berufstätigkeit haben oder aber ihn – falls vorhanden – vom Unternehmen erstattet bekommen.

Steuerorganisation beurteilt fiskalische Maßnahmen unterschiedlich

Vor allem leitende Angestellte würden Dienstwagen, Firmenhandys und auch weitere Vergünstigungen erhalten und als Zugabe noch den Pauschbetrag von zuvor bereits 1000 Euro. Erhöhte Werbungskosten würden am häufigsten von Beschäftigten im mittleren Einkommensbereich geltend gemacht. Für sie bringe aber die Anhebung des Pauschbetrages wenig Entlastung, so der BVL.

Dass es auch anders geht, beweist demnach das österreichische Einkommensteuerrecht. Dort wird laut Verband bei nichtselbstständigen Einkünften für Werbungskosten lediglich ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abgezogen, so der Verband. Daneben können demnach allerdings andere Kosten zusätzlich berücksichtigt werden. Dadurch würden Mitnahmeeffekte eingeschränkt, so die Steuerrechtsorganisation. Als Folge der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben würden im Nachbarland diejenigen entlastet, die tatsächlich einen hohen finanziellen Aufwand haben und nicht jene subventioniert, die keine Aufwendungen haben.

Nach dem Entlastungspaket des Koalitionsausschusses der Bundesregierung gilt zudem seit Jahresbeginn eine höhere Pendlerpauschale von 38 Cent ab dem 21. Kilometer. Zuvor waren es 35 Cent. Für die meisten Pendler bleibt die Pauschale in der Realität nach Angaben des BVL somit unverändert. „Das ist unzureichend und stellt keine realitätsnahe, sachgerechte Typisierung dar“, sagt Erich Nöll, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Bundesverbandes. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass „höhere Kosten erst ab dem 21. Kilometer anfallen“. Angesichts der aktuellen Preisentwicklungen an den Tankstellen, aber auch im Falle der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, bedarf die Entfernungspauschale laut Noll dringend einer Anpassung schon ab dem ersten Kilometer.

Bürger, die keine Fahrkosten haben, aber trotzdem Leidtragende der gegenwärtigen Krise durch die auf breiter Front steigenden Verbraucherpreise sind, könnten zudem durch eine weitere Erhöhung des Grundfreibetrages entlastet werden, so Noll. Gerald Dietz 

„Doctrix“ statt „Doctora“

Eine promovierte Medizinerin darf sich nicht „Doctora“ nennen. Das geht zumindest aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover hervor. Eine Tierärztin fand ihren Titel „Doctor medicinae veterinariae“ eindeutig zu männlich, und verlangte die Bezeichnung „Doctora“ von der zuständigen Hochschule. Wie Recherchen im Rahmen einer juristischen Auseinandersetzung dazu ergaben, lautet die passende weibliche Form in der lateinischen Sprache aber „Doctrix“. Dies lehnte die Tierärztin jedoch ab, weil „Doctrix“ allzu sehr nach „Asterix“ und „Obelix“ klinge.

Info
Verwaltungsgericht Hannover, Az.: 6 A 1529/98

Miete und Jobcenter

Ein Vermieter hat trotz der Möglichkeit der Direktzahlung der Miete etwa bei Hartz-IV-Empfängern keine einklagbaren Ansprüche gegen das Jobcenter. Fachleute der Arag-Versicherung verweisen diesbezüglich auf ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, wonach die Direktzahlung allein die zweckentsprechende Verwendung der Unterkunftsleistungen gewährleisten solle, aber keine vereinfachte Durchsetzung von Mietforderungen bezwecke.
  

Wenig Änderung bei kurzer Anfahrt

Der BVL hat Folgen der Auswirkungen der Änderungen des Grundfreibetrags und Pauschbetrags beispielhaft errechnet. Fazit: Wer nur 20 Kilometer täglich zur Arbeit fährt, wird bei den Werbungskosten gar nicht entlastet. Er profitiert weder von der Erhöhung der Entfernungspauschale ab 21. Kilometern noch der Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags.

Bei 30 Kilometern zur Arbeit und zurück würden mit der erhöhten Entfernungspauschale lediglich 66 Euro mehr absetzbar. Grund ist die fehlende Anhebung der Entfernungspauschale ab dem ersten Kilometer bei paralleler Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags.