Oranienburg. Hasen und Eier haben zu Ostern neben dem religiösen einen traditionellen Hintergrund: Zum Start des Frühjahrs symbolisieren sie die Fruchtbarkeit. Ist es beim Ei das nicht sichtbare Heranreifen neuen Lebens unter der Schale, steht das Langohr in der Forschung für eine Reproduktionsleistung, die von kaum einem anderen vergleichbaren Säugetier erreicht wird. Insgesamt kann eine Häsin pro Jahr drei- bis viermal Junge bekommen und bringt so im Schnitt mehr als 17 Nachkommen auf die Welt.Das braucht die Gattung auch. Denn nicht nur die natürliche Sterblichkeit der oft schon im Winter geborenen Junghasen dezimiert die neue Generation. Vor allem der Mensch setzt dem Säugetier insgesamt durch die Intensivlandwirtschaft, die seine Lebensräume zerstört, arg zu.Die Paarung beginnt schon im Januar und ist eigentlich immer von einem Aufsehen erregenden Akt begleitet: Einem Boxkampf, der durchaus auch von Artgenossen aufmerksam verfolgt wird und die Konkurrenz belebt. „Die Forschung hat lange gebraucht, um zu erkennen, dass hier in aller Regel nicht zwei Rammler um die Gunst der Häsin raufen“, so Konstantin Börner. Es sei die Häsin, die quasi den Rammler austestet, so der Fachmann für ökologische Dynamiken am Leibniz-Institut für Zoound Wildtierforschung (IZW) in Berlin. Nicht ungewöhnlich ist, dass der Hase gegenüber der durchschnittlich schwereren Häsin oft den Kürzeren zieht. Neben dieser massenwirksamen Darbietung zum Auftakt der Paarung verfügen Hasen über eine Fähigkeit, die die Zahl der Nachkommen ebenso erhöht. „Schachtelträchtigkeit – Feldhäsinnen können erneut schwanger werden, obwohl sie noch Nachwuchs im Bauch haben“, schildert Börner. Dieses Phänomen wurde am IZW anhand von Ultraschalluntersuchungen in der eigenen Hasenzucht analysiert. Das sei ein in der Natur fast einmaliger Trick, so Börner. Vier Tage vor der Geburt der Nachkommenschaft nach im Schnitt 42 Tagen kann so bereits eine neue Befruchtung erfolgen. Hasenjunge lernen zudem schnell, auf eigenen Pfoten zu stehen. Der tägliche Mutter-Kind-Kontakt addiert sich auf eine Stunde. Die schnelle Entwicklung wird durch eine sehr energiereiche Milch gefördert.Es gibt noch andere Kniffe, um die hohe Sterblichkeit eines Hasenjahrgangs, der bei 80 Prozent liegen kann, auszugleichen. Ein Verhalten hilft vielleicht auch bei der Bedrohung durch den Menschen: Feldhasen werden in Ermangelung noch ausreichender Lebensbedingungen und Flure oft zu Stadthasen. Mit rund zehn Hasen pro Quadratkilometer habe etwa Berlin-Lichtenberg eine nahezu doppelte Population wie die meisten Regionen Brandenburgs, so Börner.Die Bauweise biete für Langohren gute Lebensräume, etwa durch viele Freiräume zwischen den Wohnblocks. Die ohne Herbizideinsatz wachsenden Rasenflächen dazwischen stellen laut Börner eine gute Ernährungsbasis dar, die ihre Abwehrkräfte stärkt: Bestandteile sind viele Heilkräuter und wertvoller Klee. Von Gerald Dietz
Langohren steigern Vermehrung mit erstaunlichen Eigenarten