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OSTERGRÜSSE

Dreifachfunktion des Weihnachtsbaums

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Das Kreuz gefertigt aus Weihnachtsbaum in der Grüneberger Kirche.  FOTOS: STEFAN BLUMBERG BERT WITTKE

Im Löwenberger Land entstehen zur Osterzeit Kreuze aus den Stämmen

Bei einem Gottesdienst vor 14 Jahren in Heringsdorf war es um die Oberhavel-Gäste geschehen. Da stach es ihnen ins Auge: Das besondere Kreuz stand im Sichtfeld der Usedomer Kirchenbesucher. Ganz einfach hergestellt, liebevoll geschmückt. „Wir erkundigten uns bei der Vikarin, die damals eine sehr angenehme Predigt gehalten hatte, was es mit dem Kreuz auf sich hat", erinnert sich Gerhard Gabriel. 

Er tat damals noch als Pfarrer seinen Dienst im Löwenberger Land und befindet sich seit 2015 im Ruhestand. Es gab eine einfache Erklärung: In Heringsdorf funktionierte man den Weihnachtsbaum zum Kreuz um. Die Äste bis auf zwei, drei Zentimeter abgeschnitten, den Stamm in zwei unterschiedlich lange Teile zersägt. Das längere wurde für den vertikalen, das kürzere für den horizontalen Teil verwendet. Und dann verschönerten die Gemeindemitglieder das älteste Zeichen des Christentums.

Im Löwenberger Land - zum Pfarramt Grüneberg gehören die Kirchengemeinden Löwenberg/Linde, Teschendorf und Grüneberg - war an jenem 14. April 2009 durch den Besuch in der Heringsdorfer Kirche auf der Insel Usedom eine neue Tradition geboren. Gerhard Gabriel (,,Eine tolle Idee") trug sie in seine damaligen Gemeinden. ,,Ich kann zwar die Formulierung nachhaltige Nutzung nicht mehr hören, weil sie überall benutzt wird, aber die dreifache Verwendung eines einzigen Baumes ist tatsächlich nachhaltig", sagt er zur Weihnachtsbaum-in-Kreuz-Verwandlung. Die großen kirchlichen Feste - Weihnachten, Karfreitag und Ostern seien eingebunden.

Die Auswahl und das Aufstellen in der Kirche ist stets ein Ereignis.
Gerhard Gabriel
Pfarrer im Ruhestand

Bevor es im Löwenberger Land jedes Jahr zur Verwandlung des Baumes kommt, haben die Gemeindekirchenräte zunächst die Qual der Wahl. Sie müssen den „Baum des Jahres" auswählen, der Heiligabend in der Kirche stehen soll. Angebote gebe es immer viele. Die Auswahl und das Aufstellen in der Kirche ist stets ein besonderes Ereignis", so Gerhard Gabriel. Dafür gebraucht werden starke Männer, um ihn in der Kirche in die Senkrechte zu bringen und optisch schick herzurichten (in Teschendorf werden nach wie vor echte Kerzen angebracht). Das alles passiert erst nach dem vierten Advent. Zu sehen bekommen die Einwohner und Besucher der Kirchen den geschmückten Weihnachtsbaum erst Heiligabend.

Wenn der Baum als Weihnachtsbaum seinen Zweck erfüllt hat, wird er abgeschmückt und in ein Kreuz transformiert. Das passiert in den Wochen vor Ostern. Die überstehenden Reste der Äste dienen dazu, um am Ostersonntag Schmuck an das Kreuz zu hängen: Blumen, Süßigkeiten, Ostereier... Die würden durch die Kinder meist relativ schnell abnommen. Der andere Schmuck bleibt immer noch ein Weilchen hängen. So lange, bis es Zeit ist, das originelle Kreuz zu entfernen. Und dann können sich die Einwohner schon langsam überlegen, welcher Nadelbaum beim nächsten Weihnachtsfest in der Kirche stehen soll. Aus dessen Stamm wird anschließend das neue Osterkreuz entstehen.
Von Stefan Blumberg