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Ostergrüsse

Gedanken in Versform

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foto: Fotopepe, adobe stock/Heike Brauer

Echo

Sommerfeld/Alt Ruppin. In der alphabetischen Auflistung seiner Gedichte steht „Zeit“ an letzter Stelle. Dabei war es die Lyrik-Premiere von Andreas Zühlke. Die erste Strophe liest sich so: „Ich bin traurig, dass die Zeit vergeht, / dass sie niemals stille steht. / Dass sie schnell fließt wie ein Fluss, / der stetig immer weiter muss.“„Ich bin eher der nachdenkliche Typ. Vielleicht habe ich es deshalb geschrieben“, sagt er. Ihn bedrückt es durchaus, dass die Uhr gnadenlos tickt. Dass Menschen in seinem Umfeld in absehbarer Zeit nicht mehr da sein werden. Dass auch bei ihm die Jahre ins Land gehen. Dabei hat der 56-Jährige alles andere als ein schweres Gemüt. Wo er ist, ist’s lustig. Gute Laune. Freche Sprüche. Das drücken viele seiner anderen der etwa 50 Gedichte aus, die er in letzter Zeit verfasste und auf seiner Facebookseite veröffentlichte. Zum Beispiel „Frühling“: „Ich schau mich um, seh nackte Leiber. / Jetzt fallen schon die ersten Kleider. / `S gibt Leute, die da Röcke tragen, / da könnt ich auch mal bauchfrei wagen.“ Er muss bei dieser Formulierung ob seiner Figur selbst schmunzeln. Hier erkennen ihn seine Verwandten und Bekannten schon viel eher: unterhaltsam, witzig, offen. 

Andreas Zühlke aus Alt Ruppin verfasst seit einiger Zeit Gedichte, die den Alltag widerspiegeln

Andreas Zühlke hat vor einem Jahr das Gedichteschreiben für sich entdeckt: „Ich möchte einfach das aufschreiben, was mir durch den Kopf geht. Und mir geht viel durch den Kopf“, sagt der Alt Ruppiner. Schon deshalb ist die Themenvielfalt groß. Eine Schere im Kopf hat er nicht. „Ich schreibe einfach drauflos. Manchmal auch, ohne darüber nachzudenken, wohin ich mit dem Gedicht will.“ Die Aussage grenzt allerdings an Tiefstapelei, denn in den meisten Gedichten gibt es eine Aussage. Ob es eine Liebeserklärung an seine Frau ist (Echo: „Mit Dir zu zweit, das ist mir klar, / könnt ich verbringen Jahr für Jahr“), das Zugeständnis an den eigenen Irish Terrier (Hund im Bett: „Der ganze Hund Glückseligkeit. Das Herrchen ham wir jetzt so weit!“), der kritische Blick auf manchen Zeitgenossen (Der Sprecher: „Viel gesprochen, nichts gesagt. Sprüche klopfen, unverzagt.“), die Floskeln im Alltag (Höflichkeit: „Man sagt hallo, ist alles klar? / Wie geht’s dir? Alles wunderbar! / Doch wenn man sagt, ich fühl mich leer, / besteht schon kein Interesse mehr.“) oder seine eigene innere Unruhe (Geduld: „Muss immer alles gleich und jetzt und so wird alles abgehetzt.“) – es sind Aussagen, die man aus seinem eigenen Leben kennt, die man sich zu Herzen nehmen darf, die den Alltag widerspiegeln, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern, zum Nachdenken anregen beziehungsweise mit einem Augenzwinkern geschrieben wurden.

Tagesaktuelle Themen lässt er in der Regel links liegen, aber nicht immer. In „Held“ nimmt er Putin aufs Korn: „Er will ein großer Staatsmann sein, fiel auf sein Spiegelbild herein. Ein-Möchtegern-Weltpolizist, der eigentlich ein Kleiner ist.“ Manche Dinge stören ihn. „Das teile ich in Versform mit. So drücke ich meine Stimmung aus.“ Es gibt ganz unterschiedliche Reaktionen auf seine Reime – entsprechend dem Inhalt. Wenn es sich um Schwermut dreht, komme schon mal die Frage, ob es ihm gut gehe. Andere applaudierten.

Andreas Zühlke lebte in Demerthin, Sommerfeld, Berlin, Staffelde und ist mit seiner Familie seit 2014 in Alt Ruppin zu Hause. Er machte eine Berufsausbildung mit Abitur (Maschinenbauer im LEW Hennigsdorf), begann ein Landtechnikstudium („Die Hochschule und ich – wir verstanden uns nicht ganz.“), studierte BWL an der TU Berlin, richtete Musikstudios ein, spielte Musik ein, ist Bassist der Band Derailed Queens aus Oberhavel und arbeitet seit 2007 bei der Unternehmensgruppe Nanz medico, größter Anbieter für ambulante Rehabilitation Deutschlands. Dort leitet er die IT-Abteilung.

Wenn er wieder den Moment erreicht hat, ein Gedicht zu verfassen, ist das oftmals nachts. „Meistens sogar im Bett. Dann nehme ich mein IPhone und schreibe die Zeilen dort hinein, bevor die Ideen wieder weg sind.“ Andreas Zühlke sieht sich nicht als Künstler. „Ich bin Handwerker.“

Dieser Handwerker bekam gerade ein Angebot von Cornelia Lambriev-Soost, der Kuratorin der „Galerie am Bollwerk“ in Neuruppin. Sie plant im Spätsommer eine Ausstellung seiner Gedichte kombiniert mit einer Lesung. Wieder eine neue Bühne, die der unruhige Geist betritt. Stefan Blumberg

Echo

Gedanken in Versform-2

Ich bin verwirrt
und schau Dich an.
Ich weiß nicht,
ob ich’s glauben kann.
Hast Du gesagt „Ich liebe
Dich“? Und meintest dabei
wirklich mich?

Ich hörte wie die Stimme
schallt, die Nachricht in mir
drin verhallt.
Und trotzdem glaube
ich es kaum.
Ich fühle mich in einem Traum.

Mit Dir zu zweit,
das ist mir klar, könnt ich
verbringen Jahr für Jahr.
Wir drehen bis zur Ewigkeit
zusammen dann
am Rad der Zeit.

Zu Ende das Gefühls-Roulette.
Nur mit Dir bin ich komplett.
Jetzt macht alles andre Sinn.
Ich hör Dein Echo in mir drin.