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Nachhaltigkeit

„Bio ist nur ein Baustein in unserem Konzept“

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Landgut-Inhaber Michael Stober im Foyer des Hotels. Die Kontinente der Weltkarte sind aus Moos gestaltet, ein Symbol für Nachhaltigkeit. Fotos: Andreas Kaatz

Das Landgut Stober

Groß Behnitz. Das Landgut Stober in Groß Behnitz, einem Ortsteil von Nauen im Havelland, setzt seit langem auf Nachhaltigkeit – unter anderem mit einer eigenen Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung. Worauf es dabei ankommt und ob sich das wirtschaftlich lohnt, erläutert Besitzer Michael Stober im MAZ-Interview.Herr Stober, Ihr Hotel in Groß Behnitz ist seit 2012 als Bio-Hotel zertifiziert. Warum sollte es ausgerechnet ein Bio-Hotel sein?Michael Stober: Es musste nicht zwingend ein Bio-Hotel sein. Ich fand nur: Es ist ein wichtiges Zeichen im Land Brandenburg, das damals mit den höchsten Bio-Anteil bei der Herstellung von landwirtschaftlichen Produkten hatte, dass es hier auch ein Bio-Hotel gibt. Ein anderer Grund hat mit Marketing zu tun. Wenn man das erste Hotel bei irgendwas ist, dann bekommt man natürlich auch mehr Aufmerksamkeit. Das wichtigste ist aber, dass ich selbst davon überzeugt bin und eher zu Bio-Produkten greife, wenn ich die Wahl habe.Sie waren das erste Bio-Hotel im Land Brandenburg?Laut Auskunft unseres Zertifizierers sind wir sogar das erste in der Region Berlin-Brandenburg. Wir waren wohl drei Wochen schneller als ein anderes Hotel in Berlin.

Landgut-Inhaber Michael Stober über Nachhaltigkeit, sein Bio-Hotel im Havelland und essbare Teppiche

Was bedeutet Bio in Ihrem Hotel?

Wir haben ein Bio-Frühstück. In den Zimmern gibt es Holzfußböden sowie Matratzen, die aus Bio-Baumwolle, Kautschuk, Seegras und Kokos sind, also reine Naturprodukte. Die Betten haben einen Holzrahmen. Da gibt es keine künstlichen Materialien. Außerdem haben wir Bio-Wasser für die Gäste, das ohne sonst übliche Zusätze auskommt. Das gilt aber nicht für den Tagungsbereich, der ist nicht biozertifiziert. Denn leider nur drei Prozent unserer Kunden sind bereit, den 20-prozentigen Aufpreis für die Verwendung von 100 Prozent Bio-Produkten zu zahlen. Aber wir haben trotzdem auch im Tagungsbereich viel Bio enthalten.

„Bio ist nur ein Baustein in unserem Konzept“-2
Das Hotel entstand im ehemaligen Mustergut der Industriellenfamilie Borsig.

Was verwenden Sie sonst an Bio-Produkten?

Wir haben Kosmetik, Seifen und Shampoo, die in der Regel noch dazu Fair Trade sind. In den Fluren sind Teppiche verlegt, die aus Mais bestehen und nach zehn Jahren an Schafe verfüttert werden können. Um nur einige Beispiele zu nennen. Bio ist bei uns allerdings auch nur ein Aspekt. Eigentlich sind wir noch viel stolzer darauf, dass wir einen recht hohen Regionalanteil haben bei den Produkten, die wir verwenden. Dazu gehören auch welche, die wir von einem Schäfer in Berge beziehen.

Denken Sie, dass Sie mit Ihrer Ausrichtung langfristig konkurrenzfähig sind?

Ich glaube schon, aber natürlich müssen die Relationen stimmen. Im Gegensatz zu manch anderen Hotels können wir nicht zu 100 Prozent Bio sein. Denn es sollte nicht so sein, dass ich letztlich Leute entlassen muss, nur weil ich ausschließlich Bio anbieten will. Aber Bio ist lediglich ein Baustein im Rahmen unseres Nachhaltigkeitskonzeptes, das auf drei Säulen steht: Ökologie, Ökonomie und soziale Gesichtspunkte. Immerhin sind wir seit 2012 das nachhaltigste Hotel Deutschlands.

Was macht ein nachhaltiges Hotel aus?

Erst einmal, dass es mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hat. So bekommen wir zu hören: „Ach Gott, Sie sind Bio? Auf was muss ich verzichten? Und es wird bestimmt teuer.“ Aber das ist nicht so. Wir sind ein Vier-Sterne-Plus-Hotel und bieten alle Annehmlichkeiten, die ein Hotel in dieser Kategorie hat. Seit 2013 sind wir klimaneutral und seit 2018 sogar klimapositiv. Die Summe aller Nachhaltigkeitsmaßnahmen bringt uns sogar einen wirtschaftlichen Vorteil. Wir können 4,6 Prozent preiswerter anbieten als ein Konkurrent, der gar nichts in Sachen Nachhaltigkeit macht.

Wie erreichen Sie das?

Wir heizen mit Holzhackschnitzeln. Schon im dritten Jahr hatte sich die Investition, die allerdings auch mit Fördermitteln erfolgte, amortisiert. Jedes Jahr sparen wir 60 000 Euro gegenüber einer Ölheizung. Außerdem sammeln wir für die Toilettenanlagen Regenwasser. Und 35 000 bis 40 000 Euro sparen wir jährlich durch die Photovoltaikanlage.

Sie sprachen auch soziale Belange an…

Wir beteiligen beispielsweise die Mitarbeiter mit bis zu 20 Prozent am Netto-Gewinn, zahlen in die freiwillige Altersversorgung ein. Weitere 20 Prozent werden für soziale Zwecke gestiftet. Außerdem sind wir mit anderen Unternehmen dabei, einen Fonds aufzulegen für kleine lokale Initiativen.

Wer kommt eigentlich zu Ihnen? Kam es schon vor, dass Kunden vom Begriff Bio-Hotel ganz andere Vorstellungen hatten?

In der Anfangszeit kam das schon vor. Da erhielten wir Anfragen, ob man sich das Ei selber aus dem Stall holen muss. Aber wir haben schnell auf der Internetseite klargestellt, dass wir keine Landwirtschaft betreiben. Wir sind in der Nische der Tagungshotels aktiv, und so kommen in erster Linie Tagungsgäste zu uns. Der Anteil an Touristen hingegen ist recht niedrig.

Wo kommen die Gäste her?

Aus Deutschland, aber zunehmend auch aus der ganzen Welt. Mittlerweile haben wir schon Kunden aus 150 Ländern bei uns gehabt, unter anderem aus Politik und Wirtschaft. Darunter sind Weltkonzerne, die müssen am Ende des Jahres auch Nachhaltigkeitsberichte und CO2-Bilanzen erstellen. Und gerade die kommen auf uns.

Also sehen Sie sich auf dem richtigen Weg?

Auf jeden Fall. Das Thema Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Und da trifft es sich gut, dass wir Vorreiter sind. Wer zu uns kommt, der erhält auch ein Zertifikat über seinen klimapositiven Aufenthalt. Interview: Andreas Kaatz

Reisen in der Corona-Krise

Diese Rechte haben Verbraucher nach der Entscheidung für den Teil-Lockdown

Potsdam. Seit dem 2. November gelten bundesweit Vorschriften, mit denen der zuletzt starke Anstieg bei den Corona-Neuinfektionen wieder verlangsamt werden soll. Zunächst sind die Regelungen bis Ende des Monats begrenzt. Die Verbraucherzentrale Brandenburg erklärt, welche Rechte Sie bei Reisen und Veranstaltungen haben – und ob ein Rechtsschutz hilft.

Kann ich für November geplante Reisen im Inland nun kostenfrei stornieren?

Mindestens bis 30. November soll ein allgemeines touristisches Übernachtungsverbot in ganz Deutschland gelten, also wieder ein Beherbergungsverbot. Daher haben Sie für bereits gebuchte Pauschalreisen im Inland sowie private Hotel- oder auch Übernachtungen in Ferienwohnungen für den Zeitraum einen Erstattungsanspruch. Anders sieht es bei innerdeutschen Bahn- und Flugreisen aus: Soweit diese nicht ausfallen, sind Sie auf Kulanz angewiesen.

Und wie sieht es für Reisen ins Ausland aus?

Für Länder mit Reisewarnung ist die Lage weiterhin klar, dort haben zumindest Pauschalreisende ein kostenfreies Stornierungsrecht. Ob sich mit dem Beschluss darüber hinaus etwas ändert, ist unklar. Sie sollten sich in jedem Fall rechtlich beraten lassen, bevor Sie den Vertrag stornieren und damit Stornokosten in Kauf nehmen.

Wie berechnen sich Zahlungen bei kostenpflichtigen Stornierungen?

Wer die Reise zwar antreten könnte, aber in der aktuellen Situation dennoch nicht reisen möchte, muss kostenpflichtig stornieren. Der ursprünglich vereinbarte Betrag reduziert sich dann nur um die Aufwendungen, die dem Hotelier oder Vermieter durch die Stornierung der Unterkunft nicht entstehen werden. Als Faustformel für die Reduzierung können je nach Verpflegung bei Unterkünften folgende Prozentsätze als Orientierung dienen: Wer storniert, könnte 40 Prozent bei Vollpension zurückbekommen, 30 bei Halbpension, 20 bei Übernachtung mit Frühstück und 10 Prozent bei bloßer Übernachtung.

Hilft mir eine Reiserücktrittskostenversicherung?

Bei der Reiserücktrittskostenversicherung geht es um Fälle, in denen Sie selbst krank oder durch bestimmte Ereignisse (z.B. Tod von Verwandten, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit) verhindert sind und nicht wie geplant reisen können. Sie greift nicht bei Krisen im Urlaubsland. Aber selbst wenn Sie an Corona erkrankt sind und die Reise deshalb nicht antreten können: Da die WHO Corona inzwischen offiziell als „Pandemie“ einstuft, kann wohl auch dann eine Erstattung schwierig sein. Denn einige Versicherer sehen vor, dass „Schäden, Erkrankungen und Tod infolge von Pandemien“ nicht versichert sind. Schauen Sie im Zweifel in die Bedingungen Ihres Versicherungsvertrags. Und lassen Sie sich, gerade bei teuren Reisen, gegebenenfalls unabhängig beraten, zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale.

Was mache ich mit meinen für November gebuchten Theatertickets?

Wenn Sie für den Zeitraum der Schließung bereits ein Ticket erworben hatten, haben Sie einen Erstattungsanspruch, da die Leistung nicht erbracht werden kann. Sie müssen derzeit keinen Gutschein akzeptieren. Die gesetzliche Gutscheinregelung bezieht sich nur auf Veranstaltungen, für die die Tickets vor dem 8. März 2020 gebucht wurden. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, ins Kleingedruckte der Buchung zu schauen. Nach den Erfahrungen des Frühjahrs haben viele Veranstalter einen möglichen Ausfall schon einkalkuliert und Sonderregelungen geschaffen.

Was ist mit meinem Beitrag fürs Fitnessstudio?

Der Betreiber muss den Betrag für die Zeit erstatten, in der das Studio schließt. Auch hier gilt: Wenn Sie Ihren Fitnessstudio-Vertrag vor dem 8. März 2020 abgeschlossen haben, kann Ihnen der Betreiber statt Rückzahlung einen Gutschein anbieten.

Wie und wo kann ich mich corona-konform beraten lassen?

Die Rechtsberatung der Verbraucherzentrale Brandenburg findet derzeit überwiegend telefonisch statt. Wer einen telefonischen Beratungstermin zum Beispiel zum Reiserecht vereinbaren möchte, kann dies am landesweiten Servicetelefon unter 0331 / 98229995 (montags bis freitags 9 bis 18 Uhr) oder online unter www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/terminbuchung tun.

Info Hilfe zur Selbsthilfe finden Verbraucher auf dem umfangreichen Webportal der VZB: www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/corona
  

Das Landgut Stober

Erworben hat Michael Stober das Landgut 2000 als Ruine von der Treuhandanstalt. 2005 bis 2009 erfolgte der Umbau der meisten historischen Bauten wie Verwaltergebäude, Rinderstall, Kälberstall, Brennerei, Kornspeicher und Logierhaus, dem früheren Gästehaus des Schlosses.

Im Jahr 2012 wurde das Hotel auf 128 Doppelzimmer erweitert. Seit 2020 sind es jetzt 300 Zimmer mit 428 Betten.

Die Gesamtinvestition beträgt über 30 Millionen Euro, davon sind 25 Prozent Fördermittel von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Bundesanstalt für Arbeit, Landwirtschaftsministerium, Wirtschaftsministerium und EU-Mittel. Der Rest sind Bankdarlehen und Eigenmittel.

Die Nutzfläche beträgt derzeit etwa 15 000 Quadratmeter, das Grundstück ist 22 000 Quadratmeter groß. Die Baumaßnahmen sind fast vollständig mit regionalen Firmen realisiert worden.

Mittlerweile arbeiten im Landgut rund 60 Vollzeitbeschäftigte und 150 freie oder Teilzeitmitarbeiter, die aktuell aber von der Corona-Situation betroffen sind.