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Weltraumschrott mit Laser orten

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Per Laserstrahl werden vom Telegrafenberg in Potsdam aus Satelliten-Positionen bestimmt. FOTOS: DIGOS; M. MEISTER, GFZ

Teamwork mit Auszeichnung

Von Gerald Dietz André Kloth und Sven Bauer sitzen vor einem Gebirge aus Monitoren, Computern und Schaltelementen. Der Geschäftsführer der Potsdamer Digos GmbH und der Leiter der Satelliten-Laser-Ranging-Station (SLR) des Potsdamer Geoforschungszentrums (GFZ) steuern aus der Zentrale gebündelte Lichtimpulse, die von einem Spiegelteleskop zwei Stockwerke über ihnen ins Weltall auf Satelliten abgegeben werden. Anhand der von den Trabanten reflektierten und auf dem Telegrafenberg mit der SLR-Station wieder aufgefangenen Strahlen lassen sich Positionen und Bahnen der Sonden bis auf wenige Millimeter genau bestimmen.„Für uns ist das ein Riesenerfolg geworden“, sagt Kloth, der früher selbst am GFZ tätig war. Die aus dem Forschungszentrum ausgegründete Digos baut in den kommenden beiden Jahren für die europäische Weltraumagentur Esa und das japanische Pendant Jaxa ähnliche Satelliten-Laser-Stationen auf Teneriffa und am Space Center Tsukuba auf. Bauer wird das Digos-Team als Berater auch für die Anforderungen des täglichen Betriebs unterstützen. Gestern Abend erhielt das Unternehmen einen der in Potsdam vergebenen Innovationspreise. 

Forschungsausgründung Digos ausgezeichnet

Die Weltraumagenturen können anhand der Laserdaten Erdrotationsparameter bestimmen, also Polbewegung und Tageslänge kontrollieren, Verschiebungen des Erdzentrums beobachten oder GPS-Empfänger neuer Satelliten eichen. Ein weiteres zunehmend an Bedeutung gewinnendes Feld im Auftrag privater Firmen ist die Beobachtung und Positionsbestimmung von Weltraumschrott. Für das GFZ übernimmt Digos Wartung und Weiterentwicklung der bereits auf das Jahr 1974 zurückgehenden SLR-Basis. Die erste noch vom GFZ-Vorgänger Zentralinstitut für die Physik der Erde betriebene Station war im Helmertturm auf dem Telegrafenberg installiert.
  

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Den Kurs von Satelliten im Blick: André Kloth und Sven Bauer (r.).

Herzstück der neuen von Digos aufgebauten Stationen ist jeweils ein 80-Zentimeter-Spiegelteleskop mit einem Laser, der bis zu 1000 Impulse pro Sekunde abfeuern kann. Auch ein autonomer Betrieb per künstlicher Intelligenz ist vorgesehen. Digos war Ende 2014 als eine von innerhalb der vergangenen 15 Jahre insgesamt 14 Firmen aus dem GFZ ausgegründet worden. Die Zahl der Team-Mitglieder hat sich seither auf neun mehr als verdoppelt.

Digos ist einer von insgesamt fünf Trägern des diesjährigen Innovationspreises. Neben Think-Sono (u.) gehört auch der Solarkollektorenentwickler Ako Tec aus Angermünde (Uckermark) dazu. Aus Berlin wurden der Entwickler digitaler Kommunikationszentralen Kamioni und der Spezialist für smarte Heizungspumpen Perto ausgezeichnet.

Teamwork mit Auszeichnung

Beim Innovationspreis zeigt sich, was Kooperationen bewirken können

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FOTO: DETLEV SCHEERBARTH

Ein Großkollektor für die Einspeisung von Solarwärme ins Heizsystem oder die weltweit erste Diagnose-Software für tiefe Venenthrombose – Mode für Kleinwüchsige oder schlüsselfertige Satelliten-Laser-Messstationen: Die Auswahl war schwer für den gestern Abend im Potsdamer Hans Otto Theater verliehenen diesjährigen Innovationspreis Berlin-Brandenburg. Drei Unternehmen aus Brandenburg und zwei aus Berlin von insgesamt zehn im Vorfeld nominierten machten schließlich das Rennen für den mit jeweils 10 000 Euro dotierten Preis, der seit nunmehr 27 Jahren von beiden Bundesländern gemeinsam verliehen wird.

Aus 206 Bewerbungen – so vielen wie noch nie seit Bestehen der gemeinsamen Innovationsstrategie von Brandenburg und Berlin – wurden die fünf Gewinnerteams von der 17-köpfigen Jury unter Vorsitz von Oliver Günther, Präsident der Universität Potsdam, ausgewählt. Rund die Hälfte der Bewerbungen waren in Kooperation eingereicht worden – im Verbund innovativer Unternehmen aus Berlin und Brandenburg oder aus Wirtschaft und Wissenschaft.

"Das zeigt, wie gut die Zusammenarbeit in der Hauptstadtregion funktioniert."

Jörg Steinbach (SPD) Wirtschaftsminister

„Das zeigt eindrücklich, wie gut die Zusammenarbeit in der Hauptstadtregion funktioniert“, sagte der brandenburgische Wirtschafts- und Energieminister Jörg Steinbach (SPD) bereits im Vorfeld der Verleihungen. Diese Kooperation schaffe „hervorragende Rahmenbedingungen für die Entwicklung von marktfähigen Innovationen“, unterstrich auch seine Berliner Kollegin Ramona Pop (Grüne). Erfreulich sei zudem die Bandbreite, so Steinbach: „Junge Unternehmen sind ebenso vertreten wie etablierte Firmen, kleine und mittelständische Betriebe ebenso wie große Marktplayer.“ Wie vielfältig die gesamte Region in ihren Lösungsvorschlägen für die Zukunft ist, zeigen die eingereichten innovativen Ideen aller Bewerber, Nominierter und Preisträger. gd

Thrombosen per Ultraschall entdecken

Neue Diagnose-Methode der Think-Sono GmbH stellt die Medizin vor ganz neue Möglichkeiten

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Die neue TVT-Diagnose an durch Thrombosen gefährdeten Beinen ist einfach handhabbar. 
FOTOS:THINK-SONO

Sven Mischkewitz formuliert es ein wenig altruistisch: „Wenn ich in diesem Alter eine Firma gründe, sollte es etwas von Wert sein. Etwas, mit dem ich auch ein bisschen zurückgeben kann.“ Der in Werder aufgewachsene 25-Jährige ist mit dem von ihm gegründeten Unternehmen Think-Sono ein Träger des diesjährigen Innovationspreises Berlin-Brandenburg.

Das von dem mittlerweile zehnköpfigen Team entwickelte neue Analyse-Verfahren zur Entdeckung von tiefen Venenthrombosen (TVT) – Blutgerinnseln vor allem in den Beinen, die zum Teil lebensgefährliche Embolien auslösen können, stellt die Medizin vor völlig neue Möglichkeiten. Jährlich sterben 800 000 Menschen in Europa und den USA an TVT-Folgen. Derartige Gerinnsel sind die führende Ursache für vermeidbare Todesfälle in Krankenhäusern weltweit, weil vorsorgliche Untersuchungen derzeit zu aufwendig sind.
  

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Think-Sono-Gründer Sven Mischkewitz.

Die Software zur automatischen Diagnose (Auto TVT) ist indes in der Lage, entsprechende Thrombosen mit herkömmlichen Ultraschall-Sensoren, wie sie etwa im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge genutzt werden, sofort zu erkennen.

Das Verfahren vereinfacht erheblich die herkömmliche, teils von Kliniken durchgeführte, komplizierte Diagnose. Es muss nicht zwangsläufig von hochqualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden. Die Software erkennt gefährliche Gerinnsel automatisch. Die medizinischen Studien sollen noch im kommenden Jahr beginnen. Mit einer Markteinführung wird 2022 gerechnet.

„Der Preis ist für uns ein Moment der Anerkennung, des Innehaltens, um durchstarten zu können“, sagt Mischkewitz. Die Ende 2016 zusammen mit dem gebürtigen Iraker Fouad Al-Noor gegründete Potsdamer Think-Sono GmbH steht in den Startlöchern. Den Nanotechnologen Al-Noor hatte Mischkewitz bei „Entrepreneur First“, einer Londoner Kontaktbörse für gründungswillige junge Menschen aus aller Welt kennengelernt. Ein erstes gemeinsames, ebenso medizinisches Projekt, hatten die beiden Computerspezialisten zuvor verworfen.

Die Entrepreneur-Initiatoren unterstützen bei der Durchsetzung tragfähiger Ideen und erhalten als Gegenleistung Unternehmensanteile. Auch andere professionelle Investoren haben Kapital in Think-Sono investiert. Derzeit nutzt die Firma noch Räumlichkeiten am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut (HPI), das die Gründung ebenso mit unterstützt hat. Mischkewitz hatte sich im Rahmen eines IT-Systems-Engineering-Studium am Institut auf den Fachbereich Human-Computer-Interaktion konzentriert und dieses später mit Auszeichnung abgeschlossen. gd