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Hennigsdorf Aktuell

Ralf Zachert aus Zehdenick: Die gelbe Laufbahn

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Ralf Zachert ist eines der Post-Urgesteine. In jungen Jahren saß er auch am Schalter (damaliges Postamt Gransee). FOTOS: BLUMBERG, ADOBE STOCK/EKH-PICTURES (2), ADOBE STOCK/KAI

Seit 40 Jahren bei der Deutschen Post: 1976 verdiente er als Schüler in seinem Heimatort das erste Geld bei der Deutschen Post.

Gegen dieses Virus gibt es keine Medizin. Einmal infiziert, immer infiziert. Bei Ralf Zachert ist das so. 40 Jahre lang dient er schon der Deutschen Post. Ganz tief drinnen wusste er das bereits als Jugendlicher. Das kurze Abdriften von seinem gelben Weg - das angefangene Lehrerstudium in Potsdam (drei Semester Deutsch, Mathematik, Kunst) - fällt da kaum ins Gewicht. Ich wusste damals wirklich nicht, was ich werden wollte, dann hab ich ein Studium begonnen", sagt er.

In den Post-Bann war der Zehdenicker gezogen da schon längst. 1976 verdiente er als Schüler in seinem Heimatort das erste Geld bei der Deutschen Post. In Gerhard Lange fand er einen Ansprechpartner, der wie ein Vater für ihn war und der ihn in die Welt der Post einweihte. Auch während des Studiums ging er dort jobben. „Da habe ich zum Beispiel Pakete zugestellt. 30 Pfennige mussten dafür bezahlt werden. Die Leute gaben meistens eine Mark. Da kam einiges zusammen." In diesen Jahren reifte der Gedanke, den Beruf des Lehrers sausen zu lassen und ihn gegen den des Postmitarbeiters einzutauschen.

,,Genau genommen fing ich 1983 als Null an. Aber ich kannte ja alle Abläufe. Eine klassische Ausbildung brauchte ich nicht mehr machen. Meine Facharbeiter-Qualifikation schloss ich mit Auszeichnung ab und war somit Facharbeiter für Postverkehr", blickt Ralf Zachert zurück. In den ersten Jahren war er in Zehdenick eingesetzt. „Da machte ich alles, was zu dem Beruf gehört: Ich saß am Schalter, stellte Briefe, Päckchen, Pakete und Telegramme zu. Das Lottospiel wurde damals auch über die Post abgewickelt", sagt er.

Kurz vor der Wende wechselte er nach Gransee. In dem Bereich der damalige Kreis Gransee - gab es 52 Poststellen. Dort übernahm er je nach Bedarf Urlaubsvertretung. „Ich fuhr mit dem Moped in die Dörfer. Manche Poststellen hatten in der Zeit nur stundenweise geöffnet. Das war kein Problem." Einmal brachte er mit dem Pkw vertretungsweise Post zum Armeestandort nach Osterne (bei Gransee) und fuhr auf den Kompaniehof. Da rannten Wachsoldaten mit Kalaschnikows im Anschlag hinter mir her, bis ich anhielt. Da wurde mir ganz anders. Ich wusste ja nicht, dass die Post am Eingang abgegeben wird."

Einschneidend für seine Zeit bei der Post war der Anruf von Günter Bothe vom Postamt Oranienburg im Spätherbst 1994. Ralf Zachert sollte Unterstützung zur ins Weihnachtspostamt Himmelpfort fahren. Der (mediale) Hype um den Weihnachtsmannort erreichte neue Dimensionen, dass die Engel vor Ort Hilfe gebrauchen konnten. Fernsehsender standen vor der Tür, so fand er sich selbst plötzlich als Interviewter in der Flimmerkiste wieder. Berliner AbendZDF-Mittagsmagazin, schau, ORB-Formate - das Interesse war groß. Er selbst brachte Post nach Himmelpfort und holte sie ab. Gelegentlich half er, Briefe zu beantworten. Und das Weihnachtsmannkostüm streifte er sich hier und da auch über. Noch heute unterstützt er die Pressestelle in jedem Jahr bei den organisatorischen Vorbereitungen in Himmelpfort. Im vergangenen Jahr fuhr er den Weihnachtsmann in die Filiale des Weihnachtsortes.

"Ich fuhr mit dem Moped in die Dörfer."
Ralf Zachert, seit vier Jahrzehnten Post-Mitarbeiter

Inzwischen in Oranienburg eingesetzt, erlebte er dort die letzte Schicht der Briefsortierung per Hand. Das war am 11. November 1995. Einen Tag später übernahmen das Maschinen im Briefzentrum Hennigsdorf. Nach der Umstrukturierung der Deutschen Post AG 1996 fand sich Ralf Zachert in der Sparte Briefzustellung wieder. Dort verantwortete er die Logistik, ab 2000 tat er in der Niederlassung Hennigsdorf Sachgebietsleiter als Sachgebietsleiter Verkehr seinen Dienst. Etwa 50 Fahrer waren seinerzeit in Nord-Brandenburg für die Anfangs-Postleitzahlen 16 und 13 unterwegs. Eine neue Herausforderung wartete auf ihn ab 2009: In Tegel oblag ihm als Betriebsleiter die Verantwortung für die Briefzustellung (Reinickendorf sowie Teile von Wilmersdorf und Spandau). 480 Kolleginnen und Kollegen führte er fünf Jahre lang. Ein Kollege sagte damals verdutzt: Ich hätte nie gedacht, dass uns mal ein Ossi übernimmt."

Bei seiner Rückkehr nach Hennigsdorf 2014 stieg er wieder in das Verkehrsressort ein und war für die Fahrer der Briefzentren Hennigsdorf und Stahnsdorf sowie für das Paketzentrum Börnicke zuständig (für Qualität und Ausführung). Weil er die Abläufe effizienter gestaltete, zog er sich den Unmut einiger Kollegen zu. Er mutete den Brieftauben" (Kraftfahrer, die ausschließlich Briefe von A nach B brachten) plötzlich das Lkw-Fahren mit Anhänger zu (war vorher nicht unbedingt notwendig). „Das konnten viele im Gegensatz zu den ,Schachteln' den Paketfahrern nicht. Und sie wollten das auch nicht. Aber irgendwann machten sie mit." 140 000 Pakete werden in dem Bereich täglich transportiert und dabei jedes der 36 Paketzentren in Deutschland mindestens einmal pro Tag angefahren.

Post-Neuland betrat Ralf Zachert vor drei Jahren. Seitdem ist er Sachgebietsleiter Immobilien. Auf seinem Tisch liegen die Neubauprojekte in Gransee, Neuruppin, Schwedt, Ludwigsfelde und Dahmsdorf, an denen er mitwirkt und die alle bis Ende 2024 umgesetzt sein sollen und dann den neusten Standard erfüllen (unter anderem Tiefbettrampen). Auch in Velten ist ein Neubau in der Planung. „Dafür die Genehmigung noch in diesem Jahr zu erhalten, ist mein Wunsch", so der 61-Jährige. Läuft alles nach Plan, wird er auch die 45 Jahre bei der Deutschen Post noch voll bekommen. ,,Ich gehe nicht in Altersteilzeit. Dafür macht mir das hier viel zu viel Spaß." Virus halt.

Stefan Blumberg

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