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Ostergrüße aus Rathenow

Heidnische Göttin und eine Kerze als Morgenröte

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Die Auferstehung Christi in einem Bild von Giovanni Bellini. FOTOS: STAATLICHE MUSEEN ZU BERLIN, GEMÄLDEGALERIE/JÖRG P. ANDERS, ADOBE STOCK/VISIONS-AD

Wenn Hasen Eier verstecken und eine heidnische Göttin der Morgenröte, Eostre oder auch Ostara genannt, quasi als Namensgeberin fungiert, wird Ostern gefeiert. Auch wenn von dunklen Kirchen die Rede ist, die zunächst einmal mit einer einzelnen Kerze erleuchtet werden und als Wurzel des Ereignisses oft das jüdische Passahfest gehandelt wird, geht es in aller Regel um die vielleicht wichtigsten christlichen Feiertage. Ostern ist letztlich ein Sammelsurium über die Jahrtausende gewachsener unterschiedlicher Traditionen. „Vorwiegend geht Ostern zurück auf das jüdische Passah-Fest“, sagt der Potsdamer Historiker und Religionswissenschaftler Michael Meixner. Mit seinem „Einzug“ in Jerusalem zum eine Woche vor Ostern startenden Festakt habe Jesus laut Überlieferung einen Prozess in Gang gesetzt, an dessen Ende die Auferstehung, zuvor aber seine Kreuzigung stehen sollte. Von den herrschenden Römern bei seinem Eselritt in die Stadt als Aufrührer angesehen, wurde er verurteilt und exekutiert.

Ostern ist ein Sammelsurium ganz unterschiedlicher Traditionen

Die auch Pessach genannte Festwoche um den ersten Vollmond im Frühling herum, aus deren Anlass – auch dies eine Parallele – Lämmer geschlachtet wurden, erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und damit an ihre Befreiung aus Knechtschaft und Sklaverei. Ostern auf der anderen Seite steht im christlichen Sinne auch für eine Befreiung, die Befreiung des Menschen von Sünde und Tod.

Im Zuge der Missionierung durch das Christentum spielte die Umdeutung vorhandener Traditionen im Sinne der Evangelien schon immer eine entscheidende Rolle. Aber selten wird die spätere Ummantelung eines bestehenden Brauchs mit christlichem Gewand so deutlich wie zum Osterfest.

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Besonders kunstvoll bemalt sind Sorbische Ostereier aus der Lausitz. FOTO: PIXABAY/ZAUBERE

Die zeitliche Inbesitznahme beim Passah-Fest setzt sich sprachlich im Namen fort. Der Begriff „Ostern“ leitet sich einigen Interpretationen zufolge von der germanischen Frühlingsgöttin „Ostara“ her. Ostara gilt auch als die Göttin der Morgenröte. Morgenröte wiederum steht mit dem christlichen Ostersonntag in Verbindung. Frauen, die Jesus kannten, hätten an diesem Morgen den Evangelien zufolge das Grab des zwei Tage zuvor Hingerichteten aufgesucht, so Meixner. Sie fanden es leer und blickten – vielleicht Hoffnung suchend – in die im Osten aufgehende Sonne.

Das Leuchten der Morgenröte taucht auch im römischkatholischen Ritual der Osterkerze wieder auf. Die Kerze steht sowohl mit dem Heidenals auch dem Judentum in Verbindung. Wie das Volk Israel damals beim Auszug aus Ägypten einer Feuersäule folgend durch die Wüste und das Rote Meer hindurchzog, so ziehen heute Christen in der Osternacht in die noch dunkle Kirche ein und folgen der brennenden Flamme als Zeichen für den auferstandenen Christus. „Auch hier wieder die Verbindung zwischen der Finsternis von Verrat und Tod und dem Leuchten des aufsteigenden Morgens“, sagt Meixner.

Ostara – in den Mythen auch als Göttin der Fruchtbarkeit bezeichnet – war in heidnischer Tradition zur Tagundnachtgleiche zum Frühlingsbeginn ein Fest gewidmet – oft mit dem Hasen als Symbol. Der Hase, selbst Metapher der Fruchtbarkeit, versteckt zu Ostern ebenso dafür stehende Eier. Im Christentum wird das Ei zum Symbol der Auferstehung Jesu Christi. Von außen kalt und tot wie seine Grabstätte erwächst doch aus dem Inneren neues Leben. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Besonders das Osterei zieht sich durch eine Vielzahl auch regionaler Bräuche. Das Fruchtbarkeitssymbol wurde sowohl im Heiden- als auch später im Christentum als Symbol verschenkt. Aus unterschiedlichen Teilen Brandenburgs ist das Ostereiertrudeln bekannt. Die Teilnehmer lassen hartgekochte Eier einen Abhang hinuntertrudeln. Wessen Ei am kürzesten gerollt ist, muss häufig alle Eier der Gruppe sammeln und wieder hinaufbringen. Der Gewinner am Ende des Wettbewerbs erhält meist alle Eier als Prämie. In der Lausitz werden Eier besonders kunstvoll bemalt und geschmückt. Die Muster sollen im Volksglauben bestimmte magische Effekte auf den Beschenkten haben.

Ebenfalls aus der Lausitz bekannt ist das sogenannte Osterreiten, das als religiöses Ritual gilt. Der wie eine Prozession inszenierte Brauch werde mit einer Verkündigung der Auferstehung Christi in Verbindung gebracht, so Meixner. Aber auch hier sind vorchristliche Wurzeln nicht unwahrscheinlich. Der Osterritt könnte zurückgehen auf einen slawischen Brauch des Bittgangs, der die Saat und erste Ernte vor Schaden bewahren sollte.

Eine gemeinsame Botschaft unterschiedlichster Traditionen geht letztlich von den Ostermärschen aus. Die ursprünglich auf britische Atomwaffengegner der Kampagne für nukleare Abrüstung in den 1950er Jahren zurückgehende weltweite antimilitärische Bewegung vereint wahrscheinlich ebensoviele Christen wie Anhänger anderer Religionen oder auch Agnostiker und Atheisten. Von Gerald Dietz