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Gesundheit und Pflege

Autonomes Organ im Darm

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FOTOS: ADOBE STOCK/MERKLICHT.DE LIFEKING, DPA-TMN

Störungen des Mikrobioms mit zahlreichen Krankheiten verbunden

Die meisten denken bei Magen-Darm-Erkrankungen an Übelkeit, Verdauungsprobleme oder Schmerzen. In der Medizin steht indes im Zusammenhang mit der Bauchregion des menschlichen Körpers derzeit ein anderes Thema mit im Fokus: das sogenannte intestinale Mikrobiom oder die Gesamtheit der zum Darm zählenden Bakterien, Keime und Pilze.

„Studien zeigen, dass das Darmmikrobiom eine Rolle bei der Entstehung chronischer Erkrankungen spielen kann“, sagt Ulrike Gerstmann, Ernährungs- und Diabetesberaterin am St. Josefs-Krankenhaus Potsdam-Sanssouci in Potsdam. Die Mikroorganismen steuern nicht nur die Verdauung, sondern „bekämpfen Entzündungen, verdrängen Krankheitserreger und tragen zur Synthese lebenswichtiger Vitamine bei“, so Andreas Erhardt, Mitglied des Berufsverbandes Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands und Chefarzt einer entsprechenden Klinik. Ohne sie entwickele sich auch das Immunsystem nicht richtig. Ärzte und Wissenschaftler bringen Störungen des Mikrobioms mit unterschiedlichen Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Alzheimer und anderer Hirnfunktionen, Allergien, aber auch mit Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas sowie Herzproblemen und Arteriosklerose in Verbindung. 

Die unterschiedlichen Einflüsse auf Krankheiten wirken komplex. Das Mikrobiom wird aber zunehmend wie ein autonomes Organ begriffen. Hier angesiedelte Bakterien produzieren 100-mal mehr in den Kreislauf übergehende Stoffe als der menschliche Körper. Die Anzahl ihrer Gene beträgt das 300-Fache der sonst aktiven Erbanlagen.

Gerät das Mikrobiom beispielsweise durch problematische Ernährung aus der Balance, drohen gesundheitliche Probleme. Ein Mangel etwa an pflanzlicher „Kost mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst und Getreideprodukten aus Vollkorn“ droht laut Erhardt zum Ungleichgewicht zwischen „guten“ und „schlechten“ Darmbakterien zu führen. Entzündungen könnten gefördert und die Darmbarriere, die reguliert, was in den Körper gelangen darf und was nicht, destabilisiert werden. Auch hoher Zuckerkonsum oder verstärkter Verzehr von Fast Food und Fertigprodukten soll das Gleichgewicht stören.

Vor diesem Hintergrund werden die in der Darmflora beheimateten Mikroorganismen vor allem auch durch unterschiedliche länderspezifische regionale, und vielerlei Trends beeinflusste Ernährungsgewohnheiten geprägt. Allerdings spielen auch später nicht mehr veränderbare Faktoren wie die Geburt - auf natürlichem Wege oder Kaiserschnitt - und die Stilldauer als Säugling eine Rolle, so Erhardt. Zudem vererben Menschen auch Gene ihrer Darmflora an Nachkommen. Nicht zuletzt verändere sich das Mikrobiom durch eingenommene Medikamente. „Je länger und häufiger Patienten etwa breit wirkende Antibiotika einnehmen, desto wahrscheinlicher ist eine starke Schädigung des Mikrobioms", so Erhardt. Bezüge zwischen den diversen Erkrankungen und einer Störung der Besiedlung des Darms mit nützlichen Bakterien sind in Studien belegt. Noch nicht endgültig geklärt ist, ob bestimmte individuelle Auffälligkeiten im Darm-Mikrobiom eher mit der Entstehung oder doch dem Verlauf von Erkrankungen zusammenhängen. Gerald Dietz

Seniorenarbeit für Kommunen Pflicht

Nur wenige Kommunen bieten Beratung und Unterstützung im Alter an. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso). Städte und Landkreise seien aber verpflichtet, ein Mindestmaß an Beratung und offenen Hilfsangeboten für ältere Menschen zu gewährleisten, so die Vereinigung. Das habe jetzt ein von der Bagso in Auftrag gegebenes Gutachten eines Juristen an der Universität Bielefeld ergeben. Die Kommunen werden aufgerufen, zumindest eine Grundausstattung auch Pflegeberatung beinhaltender offener Altenarbeit bereitzuhalten.

„Das Rechtsgutachten zeigt auf, dass offene Altenarbeit keineswegs eine freiwillige Leistung ist, sondern dass kreisfreie Städte und Landkreise solche Strukturen in einem gewissen Umfang vorhalten müssen“, so die Bagso-Vorsitzende Regina Görner. Beratung, Begegnungsstätten und Strukturen zur Förderung von Engagement müsse es an jedem Ort geben, im besten Fall gemeinsam mit älteren Menschen geplant. „Denn Vorbeugen ist besser als Nachsorgen – und genau darum geht es bei der offenen Altenarbeit“, so Görner weiter. gd