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Innovationspreis Berlin Brandenburg 2021

Baumgeister melden Feuer

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Sie vernichten jedes Jahr weltweit eine Forstfläche in der Größe von 18 Millionen Fußballfeldern: Waldbrände wie hier im Fläming. foto: Patrick Bellin/privat

Die Arbeit des Unternehmens Dryad Networks betrifft eines der Kernthemen unserer Zeit: den Klimawandel und seine die Welt und den Menschen massiv bedrohenden Folgen. Die Firma in Eberswalde (Barnim) hat eine neue Methode zur Ultra-Früherkennung von Waldbränden entwickelt. Ihr System Silvanet verbindet solar-betriebene Gas-Sensoren mit künstlicher Intelligenz (KI). So kann es Brände auch aus größerer Distanz in weniger als 60 Minuten erkennen und melden. Mit klassischen Kameramethoden ist dies nur innerhalb mehrerer Stunden nach dem Ausbruch möglich.      

Dryad in Eberswalde gehört mit seinem Waldbrand-Schutz zu den Ausgezeichneten

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Meldet Gase frühzeitig: Silvanet-Sensor. foto: Dryad

Die in wahrstem Sinne des Wortes auch in der Region „brennende“ Problematik hat wohl dazu beigetragen, dass die nach dem altgriechischen Begriff für „Baumgeister“ benannte GmbH zu den Ausgezeichneten des Innovationspreises zählt. Mitgründer Carsten Brinkschulte baut vor allem „auf die Publizität des renommierten Preises“, die zur Verbreitung des in vielerlei Hinsicht wichtigen Systems beitragen könnte. Waldbränden fallen jährlich weltweit Forstflächen einer Größe von 18 Millionen Fußballfeldern zum Opfer. Mehr als drei Milliarden Tiere sterben. Mit 7,8 Milliarden Tonnen werden genauso viele klimafeindliche Gase frei, wie alle Verkehrssparten zusammen (also alle Autos, Schiffe und Flugzeuge) pro Jahr verursachen. Zudem ist mit dem Wald die „größte Kohlenstoffsenke der Welt bedroht, das gesamte Ökosystem der Erde zunehmend gefährdet“, so Brinkschulte. 125 Milliarden Euro finanzieller Schaden entsteht. 
   

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Dryad-Initiator: Carsten Brinkschulte. foto: Dryad

Während klassische Warnsysteme Waldbrände per Kamera optisch durch Rauchentwicklung ausmachen, registriert Silvanet mit seinen sensiblen solarbetriebenen Gassensoren die Dämpfe viel früher in der Schwelbrandphase. Die Sensoren und das per Mobilfunk verbundene KI-unterstützte Computersystem werden schon zuvor auf individuelle Gerüche des betreffenden Waldbereichs je nach Baumbestand trainiert. „Das erleichtert natürlich die Früherkennung und das Löschen von Bränden“, sagt der in Tests eingebundene Hauptbrandmeister der örtlichen Feuerwehr, Enrico Masuhr. Grund ist nicht nur der frühere Alarm, sondern auch die an die Einsatzkräfte übermittelte genaue Ortserkennung der Brandherde per GPS.

Gegründet wurde Dryad auf Initiative von Brinkschulte und seinem Jugendfreund Marco Bönig. Während der 54-jährige Berliner Unternehmer zuvor vorwiegend in der Telekommunikation aktiv war, ist Bönig Fachmann für Hochfrequenz-Hardware und elektronische Lösungen. Ergänzt wird das siebenköpfige Gründungs- und Mitinhaber-Team aus Software- und Vertriebsfachleuten durch den Waldökologen Jürgen Müller, der am Eberswalder Thünen-Institut für Waldökosysteme gewirkt und Wasserstoff-Sensoren für Brände entwickelt hat. Durch Medienberichte sei er auf die Brände in der Amazonas-Region aufmerksam geworden und gleichzeitig habe sich seine Tochter bei Fridays for Future engagiert, beschreibt Brinkschulte seine Motivation, sich im Waldbrand-Schutz zu engagieren: „Zeit, den Rest deiner Karriere darauf zu fokussieren.“ 
      

80 Prozent aller Brände in den durch den Klimawandel austrocknenden Wäldern werden letztlich von Menschen ausgelöst. Sie entwickeln sich teils glimmend und schwelend über Stunden und Tage, bis weithin sichtbare Flammen kommen.

Neben anderen Investoren hat in der Gründungsphase von Dryad der zur Investitionsbank (ILB) zählende Frühphasenfonds Brandenburg Kapital dem Unternehmen unter die Arme gegriffen. Mithilfe weiterer Kapitalgeber wurden Vorverträge für Brandschutzprojekte in der Türkei, Großbritannien und den USA geschlossen, die bald starten sollen. Mögliche Partner sind öffentliche Waldflächen-Verwalter und private Forstwirtschaftsbetriebe. Auch in Brandenburg baut Dryad auf Kooperationen. Derzeit existiert bereits ein zwei Hektar großes Testgelände in einem Wald bei Eberswalde. Gerald Dietz