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Die Qual der Wahl beim Hausmüll

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Die richtige Auswahl ist nicht immer ganz einfach. Bananenschalen gehören aber in die Bio-Tonne. FOTOS: ARMIN WEIGEL/DPA; DPA

Altgeräte auf dem Ladentisch

Von Jessica Kliem  Bei Gemüseresten, Apfelgehäusen und verwelkten Schnittblumen ist der Fall klar: Sie dürfen gemeinsam mit Gartenabfällen, Eierschalen und weiteren organischen Produkten in der Biotonne gesammelt werden. Doch wie sieht es eigentlich mit Kaffeefiltern, Kaffeesatz, Asche oder Kerzenstummeln aus? Seit 1991 trennen die Deutschen ihren Müll. Seit Januar 2016 können sich Verbraucher im Landkreis Havelland für die Sammlung organischer Stoffe in einer eigens bereitgestellten Biotonne entscheiden.Laut Christine Fliegner, Leiterin des Umweltamtes der Kreisverwaltung Havelland, ist deren Bilanz nach knapp vier Jahren positiv: „Wir haben den letzten Evaluierungen zufolge einen Anschlussgrad von vierzehn Prozent. Und wir haben eine sehr gute Qualität, was die Bioabfälle angeht. Das heißt, dass wir so gut wie keine Fehlwürfe feststellen.“ Fehlwürfe bezeichnen denjenigen Abfall, der in der falschen Tonne landet.   

Positive Biotonnen-Bilanz: Manchem ist aber unklar, was reinkommt

Bei der gelben Tonne oder dem gelben Sack, in dem Verpackungen aus Metallen, Verbundstoffe und Kunststoffverpackungen gesammelt werden, beträgt der Anteil von Fehlwürfen laut dem Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung bis zu 60 Prozent. Dass die Einführung der Biotonne im Havelland so gut funktioniert und keine nennenswerten Fehlwurfquoten auffallen, liegt Fliegner zufolge auch daran, dass sie bislang freiwillig genutzt wird. Wer sich für die Biotonne entscheide, der würde der Amtsleiterin zufolge auch sachgemäß damit umgehen.

Doch ganz unkompliziert ist die Wahl der richtigen Mülltonne für Verbraucher manchmal nicht. Während die oben erwähnten Kaffeefilter und der Kaffeesatz kompostierbar sind und somit in der Biotonne landen dürfen, müssen Kerzenstummel und Asche ebenso wie Katzenstreu im Restmüll entsorgt werden. Auch sogenannte kompostierbare Plastiktüten haben laut Fliegner im Biomüll nichts verloren. Die Zersetzung der Tüten, die beispielsweise aus Cellulose und Stärke bestehen, kann zwölf Wochen dauern. Für viele Kompostieranlagen ist das zu lang. Sie arbeiten mit geringeren Temperaturen und schneller, als für den Abbau der Müllbeutel nötig wäre. „Wir haben bei der Ausgabe der Biotonnen den Verbrauchern mitgeteilt, dass für den Biomüll entweder Papiertüten benutzt werden sollen oder der Biomüll im Notfall in Zeitungspapier eingewickelt werden kann“, so Fliegner.

Auch in der Landeshauptstadt darf Biomüll seit Januar 2019 nicht mehr in sogenannten kompostierbaren Kunststoffbeuteln entsorgt werden. Wer unsicher ist, was nun in die Biomülltonne darf und was nicht, kann sich bei der Abfallberatung des Landkreises informieren.

Die Zahl der Biotonnen-Nutzer steigt Fliegner zufolge kontinuierlich an. Um weitere Anreize zu schaffen, sollen in einigen Orten, in denen bislang lediglich eine Bedarfsabfuhr zur Leerung der Tonne besteht, feste Abfuhrtermine im 14-tägigen Rhythmus eingeführt werden. In Nauen, Falkensee, Wustermark, Brieselang und Dallgow-Döberitz bestehen diese bereits.

Ein besonders großes Problem der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger liege Fliegner zufolge aber nicht bei einer zu geringen Akzeptanz der Biotonne oder hohen Fehlwurfquoten, sondern in der zunehmenden Illegalen Müllentsorgung. So gebe es regelmäßig Beschwerden von Bürgermeistern der Region, die die Entsorgung von Hausmüll in den öffentlichen Papierkörben beklagten.

Besonders gravierend sei zudem die Zunahme der illegalen Entsorgung von Bauschutt. „Verbraucher sollten sich bewusst machen, dass viele Sachen, die im Wald entsorgt werden, auch kostenlos auf den drei Wertstoffhöfen des Landkreises abgegeben werden können.“

Das darf nicht in die Biotonne:

Einigen ist vielleicht unklar, was genau in den Biomüll gehört. Die folgenden Abfälle gehören auf jeden Fall nicht in die entsprechende Tonne:
■ Windeln
■ Saugerbeutel
■ Straßenkehricht
■ Asche
■ Kerzen
■ Verpackungen
■ Hundekot
■ Textilien
■ behandeltes Holz
■ giftige Pflanzen
■ Milch
■ Kompostierbare Müllbeutel
■ Kleintierstreu aus mineralischen Materialien

Altgeräte auf dem Ladentisch

Rückgabequote für ausgediente Elektroartikel ausgeweitet

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65 Prozent des Elektroschrotts soll ins Recycling. FOTO: B.THISSEN/DPA

Um beim Elektro-Abfall eine Recyclingquote von 45 Prozent zu erreichen, wurden Händler 2016 zur Rücknahme ausgedienter Artikel verpflichtet. Das heißt, es sollte fast die Hälfte der Menge an Elektroartikeln wieder eingesammelt werden, die seitdem in Umlauf gebracht worden war. Nach Angaben des Umweltbundesamtes wurde die von der Europäischen Union festgelegte Vorgabe knapp erreicht. Seit 1. Mai gilt nun sogar eine Recyclingquote von 65 Prozent. Die Liste der Geräte, die zum Elektroschrott gehören, wurde dafür erweitert. Doch was zählt alles dazu und was gehört wohin?

Was ist Elektroschrott?
Laut Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) gehört Elektroschrott nicht in den Hausmüll, sondern muss recycelt oder umweltfreundlich behandelt werden. Dazu gehören nach Angaben von Fachleuten der Arag-Rechtsschutzversicherung fast alle Geräte, die Strom benötigen – egal ob aus der Steckdose, dem Akku oder per Batterie. Seit dem 1. Mai müssen auch so genannte passive Geräte – also Kabel, Steckdosen und Antennen – in den Elektromüll. Alle Teile, die ein Symbol mit durchgestrichener Mülltonne tragen, gehören dazu.

Wohin mit Elektroschrott?
Wer ein neues Gerät kauft – ob online oder direkt im Geschäft – kann sein altes Gerät in aller Regel eintauschen – gerade bei großen Artikeln wie etwa einer Waschmaschine. Händler mit einer Verkaufsfläche ab 400 Quadratmetern müssen laut Arag Elektrokleingeräte mit einer maximalen Kantenlänge von 25 Zentimetern kostenfrei zurücknehmen, ohne dass neu gekauft wird. Größere Altgeräte müssen kostenfrei zurückgenommen werden, wenn ein vergleichbares neues Gerät erworben wird. Zudem hat jede Kommune Sammelstellen für elektronischen Müll.

Kostenloser Rückversand?
Bis vor kurzem konnten Verbraucher ihre ausrangierten Elektroartikel kostenfrei per Post zurückschicken – diesen Service hat die Deutsche Post 2019 aber eingestellt. Große Versandhändler bieten oft weiterhin kostenlose Rücknahmen von Elektrogeräten per Paketdienstleister an. Auf den Webseiten gibt es meist die Möglichkeit, ein Rücksendelabel zu bestellen. Kostenlos ist das indes nur, wenn eine Kantenlänge von maximal 25 Zentimetern gegeben ist. Für größere Geräte gibt es nur bei Kauf eines neuen Gerätes ein kostenloses Versandlabel.

Besonderheiten bei Handys?
Wer ausgediente Handys verschickt, sollte darauf achten, dass alle Daten vom Gerät gelöscht sind. Akkus dürfen nicht einzeln oder lose als Elektroschrott verschickt werden, sondern müssen im Gerät bleiben. Falls das Fach dafür nicht richtig schließt, muss man den Akku zusätzlich mit einem Klebeband sichern. gd

Kampf gegen Plastikmüll

Forscher-Warnung vor Filterzigaretten

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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA

Sie finden sich vor allem auf Gehwegen, an Stränden, in Gleisbetten und um Wartehäuschen: Zigarettenstummel sind weltweit das am häufigsten weggeworfene Abfallprodukt. Das ist nicht nur problematisch wegen der in den Stummeln enthaltenen Giftstoffe. Die Filter bestehen zudem zum Großteil aus dem nur schwer abbaubaren Kunststoff Celluloseacetat.

Milliarden achtlos weggeschnippter Kippen tragen so täglich zum wachsenden Plastikmüllproblem bei. Wissenschaftler aus London und San Diego fordern deswegen, den Verkauf von Filterzigaretten komplett zu verbieten.

Sie argumentieren, dass die Filter ohnehin eine Mogelpackung seien: eingesetzt, um Tabak zu sparen und die Menschen glauben zu lassen, sie würden das Rauchen weniger schädlich machen. „Wir wissen nun, dass dieses Sicherheitsargument ein Märchen war – eines von vielen, welche die Tabakindustrie erfunden hat, um Zigaretten zu verkaufen“, schreiben Thomas Novotny von der San Diego State University und seine Kollegen von der London School of Hygiene & Tropical Medicine in einer gemeinsamen Publikation. Die Filter führen demnach sogar dazu, dass Raucher kräftiger an einer Zigarette ziehen, so dass Karzinogene tiefer ins Lungengewebe inhaliert werden.

2017 berichtete die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass bis zu zwei Drittel aller Kippen auf dem Boden landen. Bei 15 Milliarden verkauften Glimmstängeln mache das zehn Milliarden – jeden Tag. Diese bestehen zum Großteil aus Celluloseacetat, einem Kunststoff, der nur langsam biologisch abgebaut wird. Es könne bis zu zehn Jahre dauern, bis sich ein Filter vollständig zersetzt hat.

Städte setzen auf Papier aus Recycling

Der Anteil des Recycling-Papiers mit dem Siegel Blauer Engel in vielen Städten, Gemeinden und Universitäten steigt. In mehr als 100 von der Initiative „Papieratlas“ befragten Groß- und Mittelstädten setzten Behörden und Verwaltung inzwischen zu 89 Prozent auf das Papier mit dem staatlichen Umweltsiegel – ein neuer Spitzenwert. Bei 45 teilnehmenden Hochschulen lag der Anteil bei gut 70 Prozent. Zusammen sparen die insgesamt an der Initiative beteiligten mehr als 200 Institutionen mit der Nutzung des Recycling-Papiers rund 530 Millionen Liter Wasser und 110 Millionen Kilowattstunden Energie im Jahr.