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Ausbildung

Umworbene Schulabgänger in Brandenburg

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Handwerksbetriebe verzeichnen derzeit weniger Bewerbungen. Fotos: Anna Waldl/Pixabay, sebastian kahnert/dpa  

Positive Zahlen für Bewerber

Trotz Einschränkungen durch die Corona-Krise gibt es im Land Brandenburg derzeit mehr freie Ausbildungsstellen als Bewerber

7380 Ausbildungsstellen im Land Brandenburg waren dem Arbeitsmarktbericht zufolge Ende Mai noch unbesetzt. Zwar gab es 1,2 Prozent mehr unversorgte Bewerber für Berufsausbildungsstellen als im selben Monat des Vorjahres. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze lag mehr als sechs Prozent unter denen des Mai 2019. Dennoch übersteigt die Zahl freien Ausbildungsplätze die der Bewerber um immerhin 735. Und auch in der Region sind derzeit Betriebe noch händeringend auf der Suche nach neuen Auszubildenden.

Besonders betroffen: Das Handwerk. So verzeichnete die Handwerkskammer Potsdam Ende Mai über 800 freie Ausbildungsplätze in ihrer Ausbildungsbörse, davon 98 im Havelland. Besonders begehrt sind derzeit Fahrzeugmechatroniker, Elektroniker und Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

In der Region werden Auszubildende in allen Bereichen des Handwerks gesucht, sagt Rainer Deutschmann, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Havelland in Nauen. Statt von Bewerbern überrannt zu werden, seien die Betriebe vielmehr mit einer sinkenden Anzahl an Bewerbungen konfrontiert.

„Es finden keine Ausbildungsmessen mehr statt, in den Schulen gibt es noch keinen Regelbetrieb und dementsprechend auch keinen Berufsorientierungsunterricht Das merkt man im Nachhinein. Es kommen weniger Anfragen, weniger Bewerbungen und dementsprechend fehlen die Auszubildenden“, sagt Rainer Deutschmann. Zwar sei auch bei den Betrieben in der Region eine gewisse Zurückhaltung zu bemerken, da Mitarbeiter angesichts des noch eingeschränkten Betriebs von Kitas und Schulen zum Teil ausfallen würden, was auch die Betreuer für Lehrlinge betreffe. Die Situation könne sich aber schnell ändern, sobald der Regelbetrieb wieder einsetze.

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Ellen Seidl und Rainer Deutschmann von der Kreishandwerkerschaft Havelland sind positiv gestimmt. Foto: Jessica Kliem 

„Die Firmen, die immer ausbilden, die suchen auch jetzt Auszubildende“, so Deutschmann, bezogen auf das Handwerk. „Zwar werden Praktikumsplätze nach wie vor genutzt und hierüber auch Lehrlinge gefunden. Aber insgesamt muss man davon ausgehen, dass die Nachfrage von Seiten der Auszubildenden gesunken ist, weil die Berufsorientierung nicht mehr in dem Maß gegeben ist wie vor Corona.“

Auch die Logistikbranche sucht Auszubildende. „Wir haben noch Ausbildungsplätze frei“, sagt etwa Isabelle Rottzoll, Ausbildungsleiterin bei der Nagel Group in Wustermark. Das Unternehmen, das logistische Dienstleistungen im Lebensmittelbereich anbietet, hat in diesem Jahr insgesamt 24 Lehrstellen am Standort in Brandenburg zu besetzen. Zwölf davon seien derzeit noch frei. Gesucht werden Auszubildende zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen, Berufskraftfahrer und Fachkräfte für Lagerlogistik. Die Anzahl der Ausbildungsstellen im Unternehmen sei von der Corona- Krise nicht betroffen, so Rottzoll, die normalerweise ebenfalls Ausbildungsmessen und Orientierungstage nutzt, um ihr Unternehmen potenziellen Auszubildenden vorzustellen. Die Nagel Group in Wustermark konnte Rottzoll zufolge 2019 etwa fünf freie Ausbildungsstellen zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen nicht besetzen. Jetzt hat sie insgesamt bereits mehr Auszubildende gefunden als noch im vergangenen Jahr und bis Ende August können sich Bewerber noch melden. Sie haben dann eine gute Chance im Bereich Logistik – zumindest wenn die Motivation stimmt. Isabelle Rottzoll zufolge achtet das Unternehmen weniger auf die Schulnoten, dafür werde von den Bewerbern Durchhaltevermögen und eine gewisse Selbstständigkeit erwartet. Von Jessica Kliem

Positive Zahlen für Bewerber

Seit Beginn des Berufsberatungsjahres im Oktober meldeten sich laut Arbeitsmarktbericht Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit im Land Brandenburg 11 127 Bewerber für Berufsausbildungsstellen. Das sind rund 3,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Zugleich gab es 11 933 Meldungen für Berufsausbildungsstellen, was einem Minus von 5,5 Prozent entspricht. Ende Mai waren 6657 Bewerber noch unversorgt und 7380 Ausbildungsstellen unbesetzt.

Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es mehr unversorgte Bewerber für Berufsausbildungsstellen (+1,2 Prozent), während die Zahl unbesetzter Berufsausbildungsstellen um 6,6 Prozent niedriger war.

In der Online-Ausbildungsbörse der Handwerkskammer Potsdam waren Ende Mai über 800 freie Lehrstellen in 66 Ausbildungsberufen registriert, hunderte Ausbildungsplätze im westbrandenburgischen Handwerk ab 1. August noch unbesetzt. Registriert sind außerdem 189 Praktikumsplätze.

Robert Wüst, Präsident der auch für den Landkreis Havelland zuständigen Handwerkskammer Potsdam, umwirbt Schulabgänger: „Unsere Handwerksbetriebe haben erkannt, dass sich der Fachkräftemangel am besten mit Ausbildung bekämpfen lässt, um jungen Nachwuchs zu gewinnen. Ob Abitur, Hauptschulabschluss oder Studienabbrecher – wer jetzt, so kurz vor den Sommerferien noch keinen Ausbildungsplatz für das im August beginnende Ausbildungsjahr hat, findet im Handwerk garantiert einen Ausbildungsplatz und kann dabei sogar anhand seiner Talente und Vorlieben wählen“.

Besonders viele freie Ausbildungsstellen finden sich der Online-Ausbildungsbörse der Handwerkskammer Potsdam nach im Bereich der Kraftfahrzeugmechatronik. Auch Elektroniker, Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie Metallbauer und Friseure werden im Kammerbezirk stark nachgefragt.